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Karfreitags-Aufklärung, Filmvorführung, Tanz

"Keine Stille am stillen Feiertag" lautete das Motto am 15.04.2022 im LKA-Longhorn.

Die Begrüßungsrede unseres Pressesprechers erläutert die Aktion.

Guten Abend, werte freiheitsliebende Karfreitagsgemeinde!

Ich bin Christoph Houtman von der Regionalgruppe Stuttgart der Giordano-Bruno-Stiftung, wir organisieren den heutigen Abend. Die Stiftung, kurz "gbs" genannt, hat über 10.000 Förderkreismitglieder und mehr als 50 Hochschul- und Regionalgruppen (wir in Stuttgart sind eine davon).

Sie setzt sich ein
- für ein aufgeklärtes, humanistisches Weltbild,
- für die Freiheit von Bevormundung durch Religion und
- für die Trennung von Kirche und Staat, die in Deutschland ja noch längst nicht gegeben ist, wie wir besonders heute am Karfreitag sehen.

Unser Motto heute Abend lautet: Keine Stille am stillen Feiertag
Wir protestieren am Karfreitag gegen das Tanzverbot und die vielen weiteren Einschränkungen, die uns die meisten Bundesländer an sog. Stillen Feiertagen wie dem Karfreitag auferlegen. Diese Feiertagsgesetze sind nur ein Beispiel für die anachronistische Verquickung zwischen Kirchen und Staat in Deutschland. Das Ordnungsamt schreibt uns, dass der Karfreitag "eine religiöse Bedeutung" habe und der "seelischen Erhebung" diene sowie "durch Gedanken der Trauer, des Totengedenkens und der inneren Einkehr" geprägt sei.

Dagegen protestieren wir – mit Unterbrechung durch die Pandemie – schon seit einigen Jahren. Es gibt vergleichbare Proteste auch schon lange an vielen anderen Orten in Deutschland, z. B. in Bochum und München.

Für Veranstaltungen wie diese hier braucht man – aus den erwähnten Gründen - eine Ausnahmegenehmigung vom lokalen Ordnungsamt, die strengen Regelungen unterliegt. Das Ordnungsamt hat sich in einem früheren Jahr z. B. schon mal die Liste der Titel vorlegen lassen, die wir beim Tanzen abspielen wollten.
Weiteres Beispiel: "Es ist darauf zu achten. dass kein Lärm nach außen dringt, der geeignet ist, die Feiertagsruhe zu stören." Dazu gehört auch der Mindestabstand zu Kirchen, damit die Gläubigen nicht gestört werden.

Dabei ist es gar nicht unsere Absicht, Gläubige zu stören oder zu belästigen. Wir wollen nur demonstrieren, dass wir uns nicht vorschreiben lassen, was wir an solchen Feiertagen zu tun und zu lassen haben - besonders angesichts der Tatsache, dass inzwischen weniger als die Hälfte der deutschen Bevölkerung noch Mitglied der Großkirchen ist. Zudem ist nur noch ein Bruchteil der Taufscheinchristen gläubig.

Mal ganz davon abgesehen, dass die Kirchen kein Problem damit haben, uns zu belästigen (etwa mit Glockenbimbam und religiösen Sendungen im öffentlich-rechtlichen Programm).

Gegen absurde Bestimmungen des Ordnungsamts haben wir uns schon früher juristisch gewehrt, auch erfolgreich vor Gericht. Eine detaillierte Schilderung der Rechtsstreitigkeiten zwischen uns und dem Stuttgarter Ordnungsamt würde – man kann fast sagen - Stunden dauern.

Für dieses Jahr hat sich das Ordnungsamt aber etwas Besonderes einfallen lassen: Es möchte uns verbieten, hier in der Halle Speisen und Getränke auszugeben - bei einer fünfstündigen Veranstaltung. Das ist eine Einschränkung, die wir nicht akzeptieren und gegen die wir – mal wieder – juristisch vorgehen.

Noch einige Worte zu unserem Film "Gelobt sei Gott". Der französische Originaltitel "Grâce à Dieu" beruht auf einer skandalösen Äußerung von Kardinal Philippe Barbarin von Lyon, der auf einer Pressekonferenz sagte, dass die Missbrauchsverbrechen eines bestimmten Priesters "Gott sei Dank" verjährt seien.

Der Missbrauchsskandal hier in Deutschland ist ja seit geraumer Zeit stark im Fokus der Öffentlichkeit. Dazu zwei Anmerkungen:

1. Trotz eindeutiger Datenlage bei den Straftaten wurde keine der zuständigen deutschen Staatsanwaltschaften von sich aus aktiv. Diese Staatsanwaltschaften würden am liebsten der katholischen Kirche, also dem Täter, die Aufarbeitung der Verbrechen überlassen. Das ist ein weiteres Beispiel für die üble Kumpanei zwischen Kirchen und Staat in Deutschland.

2. Allmählich beginnt ein Teil der deutschen Katholiken, den Zusammenhang zwischen Missbrauch und Kirchenstrukturen zu erkennen. Der sog. Synodale Weg, eine Diskussionsplattform aus Laien und Klerikern, fordert daher: Aufhebung des Pflichtzölibats, Frauen als Priester und Segnung homosexueller Partnerschaften. Das ist ja ganz sinnvoll. Aber: Diese Forderungen sind in der deutschen katholischen Kirche umstritten, und, noch gravierender: Zahlreiche Kirchenfürsten aus allen Teilen der Erde laufen Sturm gegen sie. Sie sehen sie als Anbiederung an den Zeitgeist und als Verrat am Katholizismus an. Darunter einflussreiche Bischöfe aus Afrika, Südamerika, Nordamerika und – in Europa – Polen und sämtlichen skandinavischen Ländern. Der deutsche Synodale Weg wird entweder versickern oder zu einer Kirchenspaltung führen, aber er wird den Katholizismus, so viel ist klar, nicht grundlegend reformieren. Wir sind sehr gespannt, was wir darüber auf dem deutschen Katholikentag zu hören bekommen, der im Mai in Stuttgart stattfindet und wo auch die gbs als Alternativprogramm Präsenz zeigen wird. Der Kirchentag, eine Propagandaveranstaltung einer religiösen Gruppe, wird übrigens aus öffentlichen Mitteln mitfinanziert. Noch so ein Beispiel für die Verfilzung zwischen Staat und Kirchen in Deutschland.

Organisatorisches [...]

Danke für die sehr große und großzügige Unterstützung durch Tommy, den Chef des LKA-Longhorn, und sein Team - gerade in Pandemiezeiten, wo es die Diskotheken und ähnliche Einrichtungen schwer haben!