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Vorführung eines verbotenen Films am Karfreitag

25.03.2018

Die gbs Stuttgart e.V. plant die

Vorführung des Films "Das Leben des Brian"

am Karfreitag, 30.3.2018, 20 Uhr, im Restaurant "Alte Kanzlei" am Schlossplatz, Stuttgart (im Anschluss an die von der gbs Stuttgart mitorganisierte Tanzdemo auf dem Schlossplatz).

Eintritt: kostenlos (Film freigegeben ab 12 Jahren)
Verantwortlich, Werner Koch, gbs Stuttgart

Warum ist dieser Film verboten?

Er verfügt nicht über die sog. Feiertagsfreigabe.

Das baden-württembergische Feiertagsgesetz schreibt vor, dass der Karfreitag und einige andere Feiertage mit kirchlichem Hintergrund als "stille Feiertage" begangen werden sollen. An solchen Tagen dürfen Filme ohne Feiertagsfreigabe, selbst Kinderfilme wie "Heidi in den Bergen" und "Meisterdetektiv Blomquist" (nach einem Roman von Astrid Lindgren), nicht öffentlich aufgeführt werden. Zudem sind Tanz- und Sportveranstaltungen untersagt. Veranstalter, z. B. Gaststätten oder Diskotheken, die gegen das Verbot verstoßen, riskieren saftige Bußgelder.

Mit der Filmvorführung protestiert die gbs Stuttgart gegen diesen durch das Feiertagsgesetz zementierten Anachronismus in unserer säkularen Gesellschaft. Wir, zusammen mit den inzwischen mehr als 50 % Konfessionsfreien in Stuttgart, wollen uns nicht mehr vorschreiben lassen, wie wir solche Feiertage zu verbringen haben.

Verweigerung der Genehmigung durch das Stuttgarter Ordnungsamt

Die gbs Stuttgart hat bei der Stadt Stuttgart eine Ausnahmegenehmigung vom Feiertagsgesetz beantragt, damit der Film legal gezeigt werden kann. Das Ordnungsamt teilte uns daraufhin allerdings mit, dass es beabsichtigt, den Antrag abzulehnen; zusätzlich wurde uns nahegelegt, den Antrag zurückzuziehen, um eine kosten-pflichtige Ablehnung zu vermeiden.

Anderswo wird dagegen anders geurteilt: die Vorführung des Films am Karfreitag in Bochum und Berlin wurde von den dortigen Ordnungsämtern auf der Basis von Ausnahmegenehmigungen gestattet.

Protestaktionen der Säkularen haben Erfolge

Dass mit säkularen Protestaktionen tatsächlich gesellschaftliche Änderungen bewirkt werden können, erklärt Werner Koch, Mitglied der Aktionsgruppe Das 11. Gebot: Du sollst deinen Kirchentag selbst bezahlen, an einem Beispiel. Indem Das 11. Gebot das Thema Kirchentagsfinanzierung in die Öffentlichkeit trug, konnte die Aktionsgruppe bewirken, dass in Münster zum ersten Mal in der Geschichte der Kirchentagsfinanzierung ein Stadtrat den vom Kirchentagsveranstalter beantragten Barzuschuss in Millionenhöhe aus der Stadtkasse ablehnte. Die historische Abstimmung im Stadtrat von Münster erfolgte am 25. März 2015.

Antrag der gbs Stuttgart für eine Ausnahmegenehmigung bei der Stadt Stuttgart 2018 (Auszüge)

Der Zweck der Veranstaltung ist Volksbildung und Aufklärung. Die aktuelle Feiertags-Gesetzgebung des Landes Baden-Württemberg bewirkt die staatliche Durchsetzung einer religiös-motivierten Bevormundung und Einschränkung von Bürgerrechten. Diese Regelung instrumentalisiert den Staat für die Interessen der christlichen Bevölkerung, die selbst kaum mehr die kirchlichen Angebote an Karfreitag wahrnimmt. Andere Weltanschauungen werden durch diese Feiertagsregelung benachteiligt und zu einem stillen und trauernden Verhalten gezwungen. In einem Einführungsvortrag werden wir das thematisieren.

Hintergrund

Mehrere befreundete Organisationen veranstalten an anderen Orten ähnliche Filmvorführungen an Karfreitag, insbesondere die Gruppierung "Religionsfrei-im-Revier", die seit 2013 solche Vorführungen anbietet.

Unser Ziel

Die Regionalgruppe Stuttgart der Giordano-Bruno-Stiftung setzt sich dafür ein, dass die staatliche Bevormundung der Gesamtbevölkerung mit kirchlichen Normen beendet wird. Wir möchten dazu beitragen, dass sich weltanschaulich neutrale Gesetze durchsetzen, die auch die Interessen der konfessionell ungebundenen Menschen berücksichtigen. Das heißt, dass religiös begründete Gesetze und kirchliche Privilegien zu hinterfragen sind. Gleiche Rechte für alle Weltanschauungen bedeutet nicht, dass christliche Kirchen diskriminiert werden – es geht darum, historische Privilegien und Sonderrechte abzubauen und die Diskriminierung anderer Weltanschauungen zu beenden. Die Vielfalt der Weltanschauungen erfordert einen Staat mit mehr Säkularität und weniger Religiosität.

Zur gbs Stuttgart

Die Giordano-Bruno-Stiftung (gbs, Stiftung zur Förderung des evolutionären Humanismus, www.giordano-bruno-stiftung.de) versteht sich als Denkfabrik für Humanismus und Aufklärung, der zahlreiche bekannte Wissenschaftler, Philosophen und Künstler angehören. Ziel der Stiftung ist es, die Grundzüge eines logisch konsistenten, naturalistischen Weltbildes sowie einer säkularen, evolutionär-humanistischen Ethik und Politik zu entwickeln und einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Stiftung versteht sich in diesem Sinne auch als Interessenvertretung und Sprachrohr aller einem rationalen Weltbild verpflichteten Menschen.

Die Regionalgruppe gbs Stuttgart/Mittlerer Neckar e.V. des Förderkreises der gbs vertritt die Anliegen der Giordano-Bruno-Stiftung auf regionaler Ebene und ermöglicht so eine aktive persönliche Mitarbeit der Förderer vor Ort. Uns eint die Überzeugung, dass eine moderne, an naturwissenschaftlichen Erkenntnissen und einem säkularen Humanismus orientierte Weltanschauung einer aufgeklärten Gesellschaft des 21. Jahrhunderts angemessen ist.

Die komplexen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts können nicht mit den religiösen Vorstellungen der Vergangenheit gemeistert werden. Wir benötigen ein zeitgemäßes Weltbild, das im Einklang mit wissenschaftlichen Forschungsergebnissen steht, sowie eine Ethik, die sich konsequent an den individuellen Selbstbestimmungsrechten (etwa im Sinne der "Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte") orientiert. Als Evolutionäre Humanisten treten wir für kritische Rationalität, Selbstbestimmung, Freiheit und soziale Gerechtigkeit ein. Im Unterschied zu traditionellen Humanisten begreifen wir den Menschen jedoch nicht mehr als "Krone der Schöpfung", sondern als unbeabsichtigtes Produkt der natürlichen Evolution. Letztlich sind auch wir bloß "Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will" (A. Schweitzer), was sich auch in einem verantwortungsvollerem Umgang mit der Tierwelt niederschlagen sollte.

Kontakt/Ansprechpartner
 Pressesprecher
 gbs Stuttgart/Mittlerer Neckar e.V.
 Christoph Houtman
 E-Mail: cho.utman(at)we.b.de
 Werner Koch